Mittwoch, 25. Juli 2007

Karl Jacht: Gedichte


Jacht, Karl: Gedichte.
nebst einem Anhange von Räthseln, Charaden, Logogryphen, Homonymen, Palindrome und Anagramme
Berlin, bei Th. Bade 1836, 223 Seiten








Kategorie: Buchstabenpalindrome
Art: volkstümliche Rätseldichtung

Auszug von Seite 210 - 212:

Palindrome

1.
Ich werde selten nur geachtet,
Denn Spott und Schläge sind mein Lohn;
Und mir zu gleichen Keiner trachtet,
Sein Loos ist sonst nur bitt'rer Hohn;
Und ward ich früher auch geschätzet,
Erzählt sogar die Schrift von mir:
daß ich ein ganz vernünftig Thier,
Und wen man einst auf mich gesetzet
Heg' ich deshalb doch keinen Stolz,
Demüthig ich einher stets schreite,
Bepackt mit schwerer Last, zur Seite
Den Führer, der mit hartem Holz
Mich unbarmherzig oft zerbläuet; -
Solch Loos harrt meiner bis zum Tod',
Und dann nicht endet meine Noth,
Noch härter sich oft erneuert.
Geraubt wird grausam mir mein Kleid,
Und Stunden lang darauf geschlagen,
Selbst, was gescheh'n in frühster Zeit,
Verkündet's noch in spätern Tagen. -
Doch werden viele meiner Brüder
Weit besser noch, als ich, genährt;
Von ihresgleichen noch geehrt,
Ist diesen nicht ihr Schrei'n zuwider,
Doch blicken sie - o unerhört -
Nur mit Verachtung auf mich nieder.
Wenn Du mich r ü c k w ä r t s angeschaut,
So werd ich Dir ein Wörtchen sagen,
Worauf, nach vielen heißen Tagen,
Der Winzer seine Hoffnung baut.
Ihn lohnt der Sonne strahlend glühen
Und dieses Wort wird dann ein Fest,
Wenn er den Preis von seinen Mühen
gesichert in den Kelter preßt.
?

2.
Roma's herrschende Macht, einst weltlich, jetzt geistlich gebietend,
Hat seit Jahrhunderten schon Ehre und Ruhm mir verlieh'n; -
Heilsam, nütztlich und schmackhaft erschein ich, nennst du mich r ü c k w ä r t s;
Bin selbst am heiligen Ort höheren Zwecken geweiht.
?

3.
Wüthend durcheil' ich die Flur, vernichtend die Saaten des Landmanns,
Oft nur ein Stückchen Metall hemmt die zerstörende Bahn;
Aber k e h r s t D u m i c h u m, umschling' ich die friedliche Hütte,
Und bin ein köstlicher Born, welchem der Frohsinn entquillt.
?

4.
Es ward einmal ein Gott zum Thier,
Um sich den Weg zu mir zu bahnen.
R ü c k w ä r t s gelesen, schätzt man es Ahnen,
Doch giebst Du Geld, bekömmst Du's dafür.
?

5.
Zu der Alpen höchste Spitzen
lenk' ich meinen kühnen Pfad; -
K e h r' m i c h u m - mich zu besitzen
Mancher Krieger sich erbat.
?

6.
Stets voller Heuchelei', bin ich nie wahr gewesen;-
Ich halt' und binde stets, wirst du mich r ü c k w ä r t s lesen.
?

7.
An Agathe

Dich kann nicht eitler Tand, nicht Modeschimmer blenden,
Denn thöricht wird man nur darin mein Wörtchen seh'n,
Ein kleines Veilchen kann, mehr als des Luxus Spenden,
Das u m g e k e h r t e W o r t, bei Dir, Agath', erhöh'n.
?


Das hier vorgestellte Exemplar befindet sich im Bestand der Staatsbibliothek Berlin:
Signatur Yn9081.