Samstag, 27. November 2010

Peter Marigold: Palindrome


Marigold, Peter: Palindrome
Möbelstücke, Holz/GFK, 2009

"The series focuses on the experience of symmetry with each piece comprising of half mould and half cast. The result is that the forms, textures and details on one side is mirrored on the other. The wood is first assembled as a mould and then the composite casting material is layered inside. Once this is set, the wooden mould is opened up, turned inside out and used to create the opposing side to the cast. The two sides are then bolted together using mould making fasteners.

Each imperfection is complimented on the opposite side of the unit: circular saw marks become symmetrical decorative swirls, knots in the wood become motifs and holes become handles. The wooden halves of the furniture have been engraved with a Palindrome word or name, which results in the word being repeated on the cast side in raised writing." (Quelle: petermarigold.com)


Sonntag, 21. November 2010

Johann Sebastian Bach: Canon 1. a 2 cancrizans (Krebskanon)


Bach, Johann Sebastian: Canon 1. a 2 cancrizans (Krebskanon)
BWV 1079, 1747

Hier gibt es ein wunderbares Video, dass das geniale Kompositionsprinzip von Bachs Krebskanon anhand der Partitur verständlich macht:

Jos Leys/Xantox: J.S. Bach - Crab Canon on a Möbius Strip, 2009, 3:07 min, youtube.com

Freitag, 19. November 2010

Robert Simpson: Streichquartett Nr. 9


Simpson, Robert: Streichquartett Nr. 9
Delmé-Quartett 1982

"Im Jahre 1982 feierte das britische Delmé-Quartett sein 20-jähriges Bestehen, was zufälligerweise mit Haydns 250. Geburtstag zusammenfiel. Zu diesem Anlass gab das Quartett bei fünf britischen Komponisten neue Werke in Auftrag, unter anderem bei Simpson. Dessen Beitrag verknüpfte die beiden Jubiläen in gigantischer Weise: er schrieb sein Neuntes Streichquartett als eine Folge von 32 Variationen mit großer Schlussfuge auf ein Thema von Haydn. Es handelt sich hierbei um das Menuett aus Haydns Sinfonie Nr. 47, das ein musikalisches Palindrom darstellt. Solche Palindrome haben Simpson offenbar zeit seines Lebens fasziniert: er schrieb schon als junger Mann Klaviervariationen über dieses Thema, und immer wieder begegnet man auch in seinen eigenen Werken Palindromen.

In diesem Quartett hat er es allerdings auf die Spitze getrieben: alle 32 Variationen sind nämlich ihrerseits Palindrome! Das ist einfach ein Meisterwerk an Einfallsreichtum, Variationstechnik und brillantem kompositorischen Können. Am Schluss (das Werk dauert nahezu eine Stunde) setzt die Fuge, die langsam beginnt und immer mehr an unaufhaltsamer Energie gewinnt, dem Werk die Krone auf, bis hin zu den Schlusstakten, die aus wuchtigen, pulsierenden Unisono-Gs bestehen. Wie gesagt, ich finde das schlichtweg grandios.

Robert Simpson hat eben zwei großartige Werkzyklen verfasst: neben den elf Sinfonien sollte man sich auch die 15 Streichquartette m. E. unbedingt anhören."



Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors. Herzlichen Dank!

Mittwoch, 10. November 2010

Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 47 (Palindrom)


"Das Werk ist wohl im Frühjahr 1772 entstanden. Seinen Titel „Palindrom“ hat es offensichtlich von der Nachwelt erhalten, weil Haydn sich bei Menuett und Trio tatsächlich den Spaß erlaubt und beide Teile jeweils vorwärts und rückwärts spielen lässt (notiert im Autograph ist ein ‚Menuet al Roverso‘ und ein ‚Trio al Roverso‘; die Noten und Rhythmen ergeben rückwärts exakt die gleiche Abfolge wie vorwärts gespielt).

Der Gedanke des umgekehrt, oder gespiegelt Gespielten taucht jedoch noch an anderen Punkten der Sinfonie auf. Nach viermaligem Anlauf wird in Takt 10 ein zweieinhalbtaktiges Thema vorgetragen, das zumindest in der Tonfolge auch ein Annagramm (oder Palindrom) darstellt:

g h c e c h G h c e c h g

Und auch in der Form spiegelt sich die Idee wieder: Nach einem Zwischensatz mit Verarbeitung des marschartigen Hauptthemas (u.a. mit recht raffinierten kontrapunktischen Spielereien; Takt 13 – 35) erklingt als Seitensatz eine charakteristische Triolenfigur. Dieser Teil rückt in der Reprise (die wegen ihres Moll-Charakters ohnehin nicht sofort erkannt wird) um einen Platz nach vorn, erst danach erklingt der ursprüngliche Zwischensatz.

Im Adagio werden konsequent Ober- und Unterstimme getauscht. Schon die 5-taktige Gliederung des Themas ist ungewöhnlich; mehr noch aber der Spiegel der Stimmen: Wir hören de facto einen ABA-Teil, der wiederholte Part A indessen ist mit einem Stimmentausch versehen. Auch die Variationen behalten diese Verfahrensweise bei. Interessant ist der Bezug zum 1. Satz, der durch die Verwendung der oben erwähnten Triolenfigur entsteht – nunmehr eine Stufe in der Variationenfolge. Eine pointierte Coda mit einem 4-stimmigen Abschnitt des Themas rundet den Satz ab, der prägenden Charakter trägt: erstmals erprobt Haydn im langsamen Sinfoniesatz die Variation (worauf Ludwig Finscher in seiner Biografie verweist).

Über das Menuett und Trio al Roverso wurde schon gesprochen. Erwähnenswert ist vielleicht noch die Tatsache, dass eine betonte Zählzeit 1 (mit forte hervorgehoben) beim Rückwärtsspielen natürlich eine betonte Zählzeit 3 ergibt, wie überhaupt die Abfolge von forte- und piano-Takten einen besonders reizvollen Kontrast des Satzes prägt.
Der letzte Satz tendiert eher zur Sonatenform als zum Rondo. Zwar kehrt das Hauptthema rondoartig wieder, dennoch dominiert der Gedanke einer Durchführung, bei der insbesondere ein kantiger forte-Abschnitt im Zentrum steht.

Mikro- und Makrokosmos von Themen, Motiven, Stimmen, Linien und Formen durchdringen hier natürlich ganz anders als beim zeitgenössischen portugiesischen Meister1.

Könnte der tiefere Sinn nicht dennoch in der Suche nach dem gleichen Kern zu finden sein?
Wie hieß es in der zweiten Strophe des im Anhang zitierten Gedichts:

Es gab kein Erstes und kein Letztes, Keinen Anfang und kein Ende,
Alles war gleichmäßig ausgewogenes unendliches Licht,
Harmonisch und sanft,
Vollkommen in Erscheinung und Art


Spiegelung, Palindrom, Sephiroth, Chesed, Schöpfung, Licht, Harmonie, … - lassen Sie sich zu erhellenderen Erkenntnissen, als Worte sie beschreiben können, durch die Musik führen."



Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors. Herzlichen Dank!

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1 Emmanuel Nuñes: Zusammenhang siehe Originalartikel