Donnerstag, 20. August 2009

Domain-Palindrome


Ob Grobian, tatenlos oder Edenkalb - wohl kein Mensch würde solche Urls für einen ernstzunehmenden Webauftritt registrieren. Und doch: sie existieren ;)
Edamer: www.rema.de (Maschinenbau)
Eddakram: www.mark-ad.de (Marketing)
Edelrebe: www.eberle.de (Temperaturregler)
Edel Reben Irak: www.karin-eberle.de (Marketing)
Eden Gruben roh: www.horneburg-ne.de (privat)
Edenkalb: www.blak-ne.de (Umweltbehörde)
Edikt: www.tki.de (Immobilien)
Edison: www.nosi.de (privat)
Editoren: www.neroti.de (?)

Grobian: www.naib.org (Urologe)
grotesk: www.kset.org (Elektrotechnik)
Grotten: www.nett.org (network services)

Mocca beweht: www.the-web-ac.com (Internetcafe)

Tabak: www.kab.at (Straßensanierung)
Tadel: www.led.at (Leuchtdioden)
Taille: www.elli.at (Informationssystem)
Takte: www.etk.at (Elektro)
Talar: www.ral.at (Reparaturteile)
talgig: www.gigl.at (Friseur)
Talibanzeh: chez-nabil.at (Friseur)
Tanga: www.agn.at (Notfallmedizin)
Tango: www.ogn.at (Nuklearmedizin)
Tante: www.etn.at (Energie- und Telecom Netze)
Tarif: www.fir.at (Föderation der Widerstandskämpfer)
Tarot: www.tor.at (Networking, Servers, Security)
Tasse: www.ess.at (privat)
Taste: www.ets.at (Trocknung & Sanierung)
Tasten: www.nets.at (network systems)
tatenlos: www.solnet.at (Esoterik)
Taube: www.ebu.at (Buchhaltung)
taub Irak: www.ka-ri-bu.at (Events), www.karibu.at (Gartenhäuser)
Taufe: www.efu.at (Forschung, Entwicklung, Beratung)
Taumel: www.lemu.at (Museum)
Offenbar kein reiner Zufall ;) Manche Domainbetreiber scheinen sich dieser Widerspiegelungen durchaus bewusst zu sein:
Edition: www.noiti.de









ueberall: www.llareb.eu








Wer jetzt mit dem Gedanken spielt, sich vielleicht ein WWW-Palindrom zuzulegen, sollte sich etwas ranhalten ;) Denn auch gil.es, dizi.us, lekat.net, gis.se, noit.ca, niel.la, art.lu und nat.it sind bereits vergeben. Was noch zu haben wäre, sind exotischere Sachen wie guf.nu, solnem.an, ruks.bo, gnurps.ru, evon.ag, myno.na, gik.lu, leka.ro, mieh.ad, eig.am ...

Freitag, 14. August 2009

Im BMI


Ob Lebensalter, Kilometerstand oder Postleitzahl - manche Zahlen dringen als seltsame Anmutung in das Bewusstsein, sobald sie auffällige Muster bilden: der 66. Geburtstag z.B. oder das Umschalten des 999. Kilometers auf den Tausendsten. Vielleicht eine Art umgekehrter "Symmetriebruch": dieses unvermittelte Auftauchen von Miniaturordnung in einer im Großen und Ganzen als chaotisch erlebten Wirklichkeit. Seltsamerweise scheint in dieser vielfach bezifferten Welt aber nur das Wenigste in dieser Weise beredsam zu sein. Bei Büchern, Geld- oder Lottoscheinen erlebt man solche Glücksmomente nie. Selbst, wenn man gezielt Monate und Jahre danach Ausschau hält.
Es ist, als verhüllten sich Palindromzahlen mit zunehmender Länge oder Komplexität im Nebel des Theoretischen. Der BMI (Body Mass Index) ist dafür geradezu symptomatisch. Hier zeigt sich, warum es für Durchschnittseuropäer nahezu unmöglich ist, durch eine "Trialität" von Körpergröße, Gewicht und BMI palindrome Traummaße zu erreichen:

Was Palindromfans schon als Arbeitsverweigerung ansehen mögen, ist für Mathematiker vielleicht noch eine statistische Zufallsverteilung ;) Dennoch: die "Daseinslücke" ist irgendwie augenscheinlich. Erst im Grammbereich der Digitalwaagen offenbarte sich hier einigen Glücklichen ein schmaler Korridor an Möglichkeiten:


Freitag, 7. August 2009

Goethe und die Palindrome


Einige Konstellationen in Goethes Werken sind in das Fadenkreuz der Literaturforschung geraten, weil sie mit Palindromen im Bund stehen könnten:

Römische Elegien (1788-90): ROMA - AMOR
The Elegies celebrate both exuberant sexuality and reflectivity. They are driven by carnality as much as by thought wich delights in culture, civilization. This fusion of the physical and the spiritual is crystallizes in the very name of the city: Roma is a palindrome: if read backwards, it spells Amor. And so we read in the first Elegy:
Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe
Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.(13-4)
Roma-Amor is the briefest formulation for Goethe's life-long conviction that without Eros there is quite simply no world.1

Faust (1808): STETS
Ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.
[...]
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht, denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
mein eigentliches Element.
[...]
BINDER bemerkt hierauf Bezug nehmend, dass Mephisto dreimal das Adverb stets benutzt.
Dies ist vielleicht deshalb bedeutend, weil STETS ein Palindrom ist: Man kann es vorwärts und rückwärts lesen. Dies weist möglicherweise auf die Kunst des Verdrehens hin: Wie immer man das Böse drehe, es kommt stets das Gute heraus.2

Wahlverwandtschaften (1809): OTTO
Zu unerreichter Meisterschaft hat Goethe die Lust an Namens- und Buchstabenspielen in seinem Roman Wahlverwandschaften getrieben. Seine vier Protagonisten tragen alle mitsamt Variationen eines Namens, der genau vier Buchstaben hat und ein Palindrom ist: Otto. Wie Goethe die Bedeutungsfülle dieser Buchstabenkombinationen entfaltet (Otto-Lotto-Gott-Goethe-tot-Toto), ist atemberaubend.3

Goethe - also ein heimlicher Liebhaber von Palindromen? Wohl eher nicht ;) In einem Brief an Schiller bekundete er 1798 seine Abneigung gegen jene "Teufelsverse" mehr als überdeutlich:
Der moderne Orakel-Aberglaube hat auch manches poetische Gute, nur ist gerade diejenige Species, die Sie gewählt haben, dünkt mich, nicht die beste, sie gehört zu den Anagrammen, Chronodistichen, Teufelsversen, die man rückwärts wie vorwärts lesen kann und ist also aus einer geschmacklosen und pedantischen Verwandtschaft, an die man durch ihre incurable Trockenheit erinnert wird.

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1 Martin Martin Swales and Erika Swales, Reading Goethe: A Critical Introduction to the Literary Work. Rochester, N.Y. and Woodbridge, Suffolk: Camden House, 2002. S. 44
2 Tim Oliver Sander: Teufelsgestalten in der deutschsprachigen Faustliteratur. GRIN Verlag, 2007. S. 40f
3 Jochen Hörisch: Ein seltsamer Gast: Tristan/Tantris. Tantrische Motive in Wagners Tristan und Isolde. In: Oya Erdoğan, Hans-Dieter Bahr (Hrg.): Im Garten der Philosophie. Wilhelm Fink Verlag, 2005. S. 116